Schweden: Ein Prost auf die EU!
Na, das wird die schwedischen Bürger freuen, die bisher ihren Alkoholbedarf nur in den so genannten "Boutiquen" des staatlichen Alkoholmonopol-Bewahrers Systembolaget decken konnten: Am Dienstag hat der Europäische Gerichtshof dieses Monopol teilweise gekippt.
Um dem traditionellen Alkoholmissbrauch in Schweden entgegenzuwirken, wurde Systembolaget 1955 ins Leben gerufen. Björn Rydberg von Systembolaget zu den Ursachen für diesen Schritt: ”Schweden liegt im so genannten Branntweingürtel. Das heißt, wir haben seit tausend Jahren eine Alkoholtradition, die darauf hinausläuft, sich möglichst rasch zu besaufen.” Gleichzeitig sollte durch eine restriktive Importpolitik, hohe Preise und Luxussteuern die Volksgesundheit gefördert und die Jugend vor den Gefahren des Alkoholmissbrauchs bewahrt werden.
Als Schweden 1995 Mitglied der EU wurde, durfte es sein Alkoholmonopol behalten. Seitdem ist der Verbrauch reinen Alkohols allerdings pro Jahr um mehr als 20 Prozent gestiegen, weil findige Bürger immer neue Wege erschlossen, ihren Bedarf auch durch "Privatimporte" zu decken. Parallel musste Systembolaget hohe Umsatzeinbußen hinnehmen.
Die europäische Kommission hatte sich zwischenzeitlich schon öfters mit der Rechtmäßigkeit des Alkoholmonopols befasst. Grund genug für Systembolaget, sich anlässlich ihres 50jährigen Bestehens im Jahre 2005 mit einer groß angelegten Anzeigenkampagne in der Financial Times und anderen internationalen Zeitungen direkt an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zu wenden und auf die Gründe für die Beibehaltung des Monopols aufmerksam zu machen:
Gestützt wurde diese Kampagne durch einen kleinen, herrlich naiven Film mit "drastischen" Beispielen für alkoholbedingte Ausraster. Das hat aber alles nichts genützt, denn jetzt hat die EU der restriktiven Alkoholpolitik Schwedens einen herben Dämpfer verpasst:
Schwedens strenge Einfuhrbeschränkungen für Alkohol sind nach Meinung des Europäischen Gerichtshofs unzulässig. Das Gesetz, das es den Bürgern verbietet, individuell alkoholische Getränke ins Land zu bringen, verstoße gegen den EU-Grundsatz des freien Warenverkehrs, urteilten die Richter in Luxemburg am Dienstag. Nach der bisherigen Rechtslage darf Alkohol nur über die staatliche Vertriebsstelle Systembolaget importiert werden, die daran verdient.
Angestoßen wurde das Verfahren von einem schwedischen Bürger, der zusammen mit anderen Landsleuten angeklagt worden war, weil er spanischen Wein über eine dänische Internetseite gekauft hatte. Die schwedische Regierung begründete die Einfuhrbeschränkungen für Alkohol bislang damit, dass sie insbesondere Jugendliche schützen wolle. Das Gericht wies diese Einschätzung zurück. Da von den strengen Regelungen alle Bürger des Landes betroffen seien, schieße das Gesetz über das eigentliche Ziel hinaus, befanden die Richter. (Quelle: dpa)
Näheres zur Urteilsbegründung gibt es hier.
Jetzt wird Systembolaget also noch weitere Umsatzeinbußen hinnehmen müssen, weil der Internet- und Versandhandel in Zukunft immer mehr Schweden davon abhalten wird, den harten Gang zum teureren konzessionierten Sprithändler anzutreten...
Na dann: Skål!
Labels: Alkoholmonopol, Aufgespiesst, Europäischer Gerichtshof, Internet, Schweden, Systembolaget, Urteil
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