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Don Farrago: Was heißt eigentlich "rororo"? - Hör zu!

Freitag, 15. Dezember 2006

Was heißt eigentlich "rororo"? - Hör zu!

60 Jahre rororo

Kurt Tucholsky soll einst ein Schreiben eines Pennälers erhalten haben, in dem dieser die Werke des großen Autors zunächst artig lobte, dann allerdings umgehend seinen baldigen Tod herbeiwünschte: "Damit Ihre Bücher billiger werden, so wie Goethe zum Beispiel." Tucholsky nahm dies zum Anlass für ein Avis an seinen Verleger, "den lieben Meister Rowohlt", das in der Forderung gipfelte: "Macht unsere Bücher billiger!"

Erst 11 Jahre nach Tucholskys Freitod, exakt am 15. Dezember 1946, kam der Verlag seinem Wunsch nach – allerdings eher unfreiwillig. Der Rowohlt-Verlag besaß in der Nachkriegszeit zwar eine Lizenz der Besatzungsmächte zum Drucken von Büchern, doch waren Druckereien und Bindereien größtenteils zerstört, Papier war kaum zu haben – an eine ordentliche Buchproduktion war kaum zu denken.

Also entwickelte Ernst Rowohlt zusammen mit seinem Stiefsohn Heinrich Maria Ledig-Rowohlt das Prinzip der "Rowohlts-Rotations-Romane" (rororo). Ihr Ziel war es, möglichst viel Text auf möglichst wenig Papier für möglichst wenig Geld unterzubringen. So wurden die großen Romane der Weltliteratur im Rotationsverfahren auf stark holzhaltigem Zeitungspapier gedruckt und als ungeheftete und ungebundene Hefte im Zeitungsformat unters lesehungrige Volk gebracht.

Die ersten vier Einzelbände, die in einer Auflage von 100.000 Stück erschienen und zum Stückpreis von 50 Pfennig verkauft wurden, spiegelten auch das Bemühen wider, den Deutschen nach 12 Jahren publizistischer Durststrecke das Kulturgut "Buch" wieder nahezubringen: Joseph Conrads "Taifun" und Ernest Hemingways "In einem anderen Land", Anna Seghers "Siebtes Kreuz" und Kurt Tucholskys "Schloss Gripsholm".

Das waren die ersten Titel der denkwürdigen Reihe, die dem findigen Verleger einen Verkaufserfolg ohnegleichen bescherten, allerdings 1948 wieder vom Markt verschwanden, weil die ärgsten Hindernisse für eine normale Buchproduktion überwunden waren. Danach ging Rowohlt nach englisch-amerikanischem Vorbild zur Herstellung von Taschenbüchern über.

Von den Rotationsromanen ist allein der eingängige Titel geblieben, "rororo“ wird in der jungen Bundesrepublik zum Synonym für Taschenbücher schlechthin.


Hör zu!

Der 15. Dezember 1946 war auch der Geburtstag einer Illustrierten, die über Jahrzehnte einen festen Platz in der Landschaft der deutschen Printmedien einnehmen sollte.

Im Juni 1946 erhielt der 33-jährige Axel Springer zusammen mit seinem Vater Hinrich die Lizenz Nr. 67 der britischen Besatzungsmacht in Berlin, ein Rundfunkheft namens "Radio-Post" herauszubringen. Zum 15. Dezember desselben Jahres kam die Zeitschrift unter dem griffigeren Titel "Hör zu!" als Rundfunkzeitung des Nordwestdeutschen Rundfunks und gleichzeitig erste namhafte deutsche Nachkriegsillustrierte auf den Markt.

Diese Zeitschrift, die 1952, im Geburtsjahr des Fernsehens in Deutschland, auch zur großen Fernsehillustrierten ausgeweitet wurde, schuf bald die finanzielle Grundlage zu allen weiteren Plänen Springers.

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