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Don Farrago: München: Faschingszug am Auschwitz-Gedenktag

Montag, 28. Januar 2008

München: Faschingszug am Auschwitz-Gedenktag

Zur Erinnerung: Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee die letzten Überlebenden des NS-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau. In einer von Bundeskanzler Kohl und Innenminster Kanther mit unterzeichneten Proklamation vom 3. Januar 1996 erklärte der damalige Bundespräsident Roman Herzog den Jahrestag der Befreiung mit folgenden Worten zum nationalen "Tag des Gedenkens für die Opfer des Nationalsozialismus":

Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.

Seit 2006 ist der 27. Januar aufgrund eines Beschlusses der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 31. Oktober 2005 zudem auch offizieller internationaler Holocaust-Gedenktag.

Da ist es schon ein wenig peinlich, dass ausgerechnet für diesen Tag in Hessen und Niedersachsen Landtagswahlen angesetzt wurden. Was sich aber in Bayern ereignete, war der Gipfel der Geschmacklosigkeit: In München fand am 27. Januar 2008 trotz heftiger Kritik der vor zwei Jahren wieder eingeführte Münchner Faschingszug (der "Gaudiwurm") statt.

Während sich die Narren in Regensburg nach zahlreichen Protesten einsichtig zeigten und ihren ebenfalls für den 27. Januar geplanten Umzug um eine Woche verschoben, blieb Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) unbeeindruckt: "Leider hat niemand die Terminkollision bemerkt", rechtfertigte er sich und bewertete das "zeitliche Zusammentreffen" zwar als "sehr unglücklich", sah aber "keinen Anlass zu einem moralischen Tadel". Und Hellmut Wollner vom Veranstalter "Damische Ritter" gab an, eine Verschiebung sei "aus organisatorischen Gründen" nicht möglich gewesen.

Und so quälte sich der Gaudiwurm ab 11 Uhr durch die Hochburg bajuwarischen Humors – ausgelassen bejubelt von 7000 hartgesottenen Faschingsfans. Immerhin bewiesen die Veranstalter noch so viel Anstand, dass der Zug in diesem Jahr nicht durch die Brienner Straße führte – da wäre er nämlich direkt am Platz der Opfer des Nationalsozialismus vorbeigekommen…


Quelle: BR-Online
Stern-Special (2005) zum 60. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz



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1 Kommentare:

Am/um 28.01.08, 17:21 , Anonymous Anonym meinte...

Ich finde ja Faschingsumzüge auch an anderen Tagen eher peinlich als komisch. Aber dies ist, wenn man denn schon so tiefernst organisiert wie die Herren Narren, einfach nur unsäglich. Diese Uneinsichtigkeit hat etwas sehr Bürokratisches und Humorloses.

 

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