ARTE, Yehudi Menuhin und der Umgang mit dem Genitiv
Vor 10 Jahren, am 12. März 1999, starb Yehudi Menuhin, einer der größten Geigenvirtuosen des 20. Jahrhunderts. Als bekennender Menuhin-Fan war ich daher sehr erfreut, als ich der Programmvorschau meines Lieblings-Kultursenders ARTE entnehmen konnte, dass ARTE ihm ab dem 15. März 2009 einen Programmschwerpunkt widmet. Doch was ich da lesen musste, war doch ein wenig befremdlich.
Ich bin nämlich nicht nur Menuhin-Fan, sondern auch Fördermitglied des VNUG, des "Vereins für Nachhaltigkeit im Umgang mit dem Genitiv (i. Gr.)". Und so geriet ich arg ins Stutzen, als ich im ARTE-Videotext lesen musste:
Anlässlich des 10. Todestages am 12. März gedenkt ARTE dem großartigen Violinvirtuosen Yehudi Menuhin mit einem Programmschwerpunkt.
Erfordert das Verb "gedenken" nicht den Genitiv? Hätte es nicht "gedenkt ARTE des großartigen Violinvirtuosen" heißen müssen? Ich weiß, dass sich gerade mit diesem Verb viele Leute, auch ansonsten respektable Journalisten und Redakteure, schwer tun. Doch könnte man nicht gerade bei ARTE einen korrekten Umgang mit dem Genitiv erwarten?
So habe ich mir – quasi als Gegenprobe – auch mal die Programmvorschau auf der ARTE-Homepage angeschaut. Und ich war sehr angetan, als ich dort lesen konnte: "…gedenkt ARTE der Geigenlegende Yehudi Menuhin." Aha, dachte ich mir, haben sie's also doch gemerkt! Zwar sind bei weiblichen Substantiven der Genitiv und der Dativ im Singular identisch, aber immerhin, zumindest war der Satz korrekt, und in dubio pro reo…
Jetzt wollte ich's aber wirklich wissen, und so habe ich auch noch die Programmvorschau bei ARD Digital herangezogen. Und auch hier stand zu meiner Beruhigung, wie auf der ARTE-Homepage, völlig korrekt:
Aber meine Freude währte nicht lange, als ich am Ende des selben Artikels wieder folgendes lesen musste:
Also war die Formulierung "gedenkt ARTE der Geigenlegende" wohl doch nur eher zufällig korrekt!
Aber ARTE steht da nicht allein, die falsche Formulierung "gedenkt ARTE dem großartigen Violinvirtuosen" wurde wörtlich und ohne nachzudenken in etlichen Print- und Online-Programmankündigungen nachgeplappert. Einen noch brutaleren Umgang mit dem Verb "gedenken" pflegt übrigens dieses Event- und Ticket-Portal, das in folgender Ankündigung dem Genitiv gleich drei Tiefschläge versetzt:
Liegt dieser grammatikalische Dummfug etwa daran, dass es hier bei ARTE und bei TICKETINO jeweils um klassische Musik geht – fördert also klassische Musik die laxe Handhabung von dem Genitiv? Dieser mögliche Zusammenhang bedürfte dann allerdings noch einer tiefer gehenden sprachwissenschaftlichen und kulturhistorischen Untersuchung. Vielleicht liegt es ja auch daran, dass ARTE ein deutsch-französisches Gemeinschaftsprojekt ist, bei dem nicht jeder die grammatikalischen Feinheiten beider Sprachen beherrscht. Und dass für TICKETINO (mit Sitz in der Schweiz) Hochdeutsch ohnehin nicht das Maß aller Dinge ist…
Nichts Genaues weiß man nicht, also werde ich wohl ein wenig Ursachenforschung betreiben und mal eine Mail an ARTE und Bastian Sick schicken müssen, vielleicht klärt sich dann ja alles auf. Über eventuelle Ergebnisse werde ich natürlich hier berichten.
Eines noch: Wer jetzt meint, ARTE wäre Dativ-lastig, der hat sich getäuscht: Man sehe sich nur mal folgende Formulierung auf der ARTE-Homepage an, in welcher der Dativ auf brutalste Weise dem Akkusativ Platz machen muss:
Wobei sich hier, wie auch bei den oben angeführten ARTE-Formulierungen, zusätzlich noch die (grammatikalisch berechtigte) Frage stellen ließe, ob ARTE anlässlich seines (eigenen) 10. Todestages oder anlässlich des 10. Todestages von Yehudi Menuhin diesen Programmschwerpunkt gesetzt hat...
Labels: Akkusativ, Arte, Bastian Sick, Dativ, Genitiv, Grammatik, Programmschwerpunkt, Programmvorschau, TV, Yehudi Menuhin
1 Kommentare:
Interessant wäre auch zu wissen, wem das vor zehn Jahren verstorbene Arte den großen Geiger widmet!
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